Die letzten Tage des Euro?
Am Mittwoch der letzten Woche atmeten die meisten Beobachter erleichtert auf. Der neue, gehebelte Rettungsschirm – ausgestattet mit einem Volumen von ein bis vier Billionen Euro – soll unsere Währung retten.Die Politiker bemühten kämpferische Vokabeln wie „Feuerkraft“ und „Schutzwall“, um damit Vertrauen zu schaffen und Entschlossenheit und Kampfbereitschaft zu demonstrieren. Doch schon nach ein paar Tagen sanken der Mut und der Euro wieder, da zu viele Fragen und Zweifel auftauchten.
Der Grund war zunächst gar nicht so sehr Griechenland. Dessen Scheitern und der beschlossene Schuldenschnitt waren schon lang vorher absehbar, und sind von den Märkten schon vor dem Gipfel „eingepreist“ worden, wie man so schön sagt.
Italien rückt in den Fokus der Märkte
Der italienische Regierungschef Berlusconi musste daheim mit seinen unwilligen Regierungskollegen hart verhandeln, weil Merkel und Sarkozy einen Ministerratsbeschluß mit konkreten Sparzusagen bis zum 26.10. forderten.
Dessen Vorschläge waren allerdings sehr vage und es bestehen berechtigte Befürchtungen, dass auch diese nicht umgesetzt werden. Die Investoren glauben nicht an eine Kursänderung Italiens und so beginnt dasselbe wie vor einiger Zeit in Griechenland: die Zinsen steigen und es setzt eine Kapitalflucht aus dem Land ein.
Italien muss eine immer höhere Rendite für seine Staatsanleihen bieten, um sie überhaupt noch auf dem Markt platzieren zu können. Der Kapitalbedarf von Italien in den nächsten Monaten ist enorm und Experten schließen einen Kollaps nun nicht mehr aus. Das würde die Eurozone aber keinesfalls verkraften.
Der Rettungsschirm kann noch nicht aufgespannt werden
Jetzt könnte man ja gelassen sagen: Nun, da wird sich der Rettungsschirm als Bollwerk ja beweisen können. Doch dazu müsste sich die Eurozone aber überhaupt erst die Gelder leihen, mit denen der große Rettungsschirm ausgestattet werden soll.
Die Länder, die dann für diese geliehenen Summen garantieren müssen – allen voran Deutschland – könnten aber eine solche Bürgschaft im Zweifelsfalle gar nicht bezahlen. Deutschlands AAA-Rating steht deshalb seit neuestem ebenfalls in Frage.
Leider sind auch Hoffnungen, dass China Europa mit Milliardenkrediten unterstützt enttäuscht worden. Das Riesenreich hat selbst genug Probleme.
Nicolas Sarkozy hatte noch am Donnerstag mit dem chinesischen Staatspräsidenten telefoniert, und die frohe Kunde verbreitet, China werde helfen. Hu Jintao ließ sich aber nicht in die Retterrolle drängen. Europa müsse seine Probleme selbst lösen, erwiderte er freundlich, aber bestimmt.
Bettelbrief der EU zeigt die wahre Misere
Die Herren aus Brüssel, die sich bis noch vor gar nicht langer Zeit so siegessicher gaben, müssen in ihrer Not jetzt weltweit um bereitwillige Investoren buhlen. Es fehlen immer noch 560 Milliarden Euro in der „Schirmkasse“. José Manuel Barroso und Herman van Rompuy bitten in einem Brief die G-20-Länder um Hilfe. Den Inhalt dieses Briefes kann man im englischen Originaltext auf der offiziellen EU-Seite lesen.
Dort zeigt sich, dass ganz im Gegensatz zu dem Jubel über die wieder einmal „endgültige Rettung“, die Lage in Wirklichkeit verzweifelt ist.
Barroso und Rompuy flehen von Brasilien bis Rußland jeden geradezu um Hilfe an. Sie versprechen den potentiellen Geldgebern, die EU werde „alles tun“ um alle notwendigen Sparmaßnahmen zeitnah zu implementieren und umzusetzen. Um das zu erzwingen, wollen sie die nationalstaatlichen Souveränitätsrechte außer Kraft setzen.
Auf gut Deutsch: sie wollen die Selbstbestimmung der Völker Europas abschaffen! Das hat ihnen jedoch kein Volk in Europa erlaubt und das ist der Bruch der Kernaussagen der Lissabonner Verträge (EU-Verfassung)! Sie können und dürfen das gar nicht versprechen!
Griechenland stellt plötzlich alles wieder infrage
Zu allem Überfluss hat Griechenlands Premier Papandreou eine Volksabstimmung über das Rettungspaket angekündigt. Er meint, er vertraue dem Volk und sie sollen darüber entscheiden.
Diese noch nicht näher bestimmte Abstimmung kann frühestens in einigen Monaten erfolgen und sorgt bis dato zu einer enormen Verunsicherung auf den Finanzmärkten. Es zeigt sich wieder einmal, wie unterschiedlich die Partner in Europa sind und dass Politiker bei Bedarf jeden Trick aus dem Zylinder ziehen, um die eigene Verantwortung an andere weiter zu geben.
Verkennen Sie den Ernst der Lage nicht
Ich weiß, es fällt schwer, sich die Konsequenz des Ganzen vorzustellen. Dennoch müssen wir uns klarmachen, dass wir uns seit knapp drei Jahren im Absturz befinden und langsam in den freien Fall übergehen.
Der gehebelte EFSF Rettungsschirm mit einem Volumen von über einer Billion – in Ziffern 1.000.000.000.000 Euro – ist der neuste Höhepunkt, dessen Wirkung allerdings schon verpufft, bevor er in Kraft tritt.
Vor etwas mehr als einem Jahr war solch ein Betrag für eine Rettungsaktion in Europa kaum vorstellbar. Wir müssen umdenken und der Vorsorge noch eine weitaus höhere Wichtigkeit zuordnen.
Wir kommen um eine Bereinigung in Form eines nie dagewesenen Währungsschnitts, eines Kollapses oder eines wie auch immer gearteten Zusammenbruchs nicht umhin.
Darauf gilt es sich vorzubereiten.
Herzliche Grüße Gerhard Spannbauer |
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